So abwechslungsreich wie Deutschlands beliebtestes Profi-Golf-Turnier mit allen exklusiven Side-Events ist auch das Patientenklientel und deren Verletzungsmuster. Im Jahre 2010 wurde mehr als 180 x die 112 in Eichenried angerufen! Seit den 22. BMW International Open im Jahre 2010 obliegt die medizinische Betreuung den Turnierärzten Dr. Marc Trefz und Dr. Hanns Christian Harzmann (Praxis Herzogpark). Unterstützt werden sie von den freiwilligen Sanitätern des Bayerischen Roten Kreuz (Kreisverband München) unter der Leitung von Franz Forster. Und letztes Jahr hatten sie jede Menge Notfälle. Über Doping-Regularien beim Golf, die schwersten Krankheitsfälle und über die Sonderstellung der Golf-Profis. Von Dr. Marc Trefz
Mit mehr als 51.000 Besuchern, 55 Ausstellern, 440 freiwilligen Helfern, 939 Stunden an weltweiter TV Übertragung und ca. 6000 – 8000 geleisteten Arbeitsstunden an den vier Turniertagen (Donnerstag bis Sonntag), gehören die BMW International Open zu einem der größten Events Deutschlands. Ausgehend von diesen Zahlen, lässt sich die besondere Herausforderung an den Veranstalter, den Golfclub und die, mit der medizinischen Betreuung beauftragten Turnierärzte erahnen. Schon von Beginn an wurde das Turnier durch einen Arzt medizinisch begleitet.
Das Spektrum der Einsatzmuster ist breit gefächert und abhängig vom jeweiligen Patientenklientel. So erstreckt sich das Verletzungsmuster bei den Besuchern von „kleinen Wehwechen“ wie Mücken- oder Sonnenstich über typische orthopädisch/unfallchirurgische Verletzungen des Bewegunsapparates (Distorsionen, Luxationen, Frakturen) oder Commotio cerebri bis hin zu allgemeinen internistischen Notfällen wie Hypoglykämien, hypertonen Krisen oder allergischen Reaktionen. Bei Mitarbeitern stehen hingegen typische Arbeitsunfälle wie Schnittverletzungen oder Distorsionen im Vordergrund.
Im Einzelfall ereignen sich auch bedrohlichere Zwischenfälle, welche einer sofortigen Hilfe und weitergehenden Diagnostik bedürfen. So geschehen bei einem der letzten Einsätze vor dem Turnierwochenende im Jahre 2010, bei dem ein Fernsehkommentator während der Liveübertragung in der Moderation apathisch und nicht mehr ansprechbar war. Letztendlich endete die Arbeitswoche des englischen Kommentators auf der Stroke Unit des Klinikum Bogenhausen bei stattgehabter TIA.
Die Gruppe der Golfprofessionals bildet eine Sonderstellung. Hier besteht die notwendige medizinische Betreuung in erster Linie in der Therapie von Beschwerden des muskuloskelettalen Bewegungsapparates. Dabei muss von der Behandlung chronischer Überlastungserschienungen, welche typischerweise Sehnenansätze, die Wirbelsäule sowie die golfspezifisch beanspruchten Gelenke betreffen, von der Behandlung akuter Verletzungen unterschieden werden. Akute Verletzungen entstehen hierbei meist in der unmittelbaren Trainingsphase zur Turniervorbereitung oder an den Turniertagen selbst und betreffen ebenfalls die sportspezifisch am meisten belasteten Strukturen des muskulären und ligamentären Bewegungsapparates.
Unabhängig vom Verletzungsmuster stehen hierbei die umgehende Beschwerdelinderung und die hieraus resultierende Einsatzbereitschaft und weitere Teilnahme am Turnier an erster Stelle. Gerade hier spiegelt sich der Charakter des Leistungssportes ganz besonders, da ein spielerischer Ausfall für den Professional in vielerlei Hinsicht weitreichende Konsequenzen nach sich zieht. Dabei handelt es sich vor allem um finanzielle Einbusen, Schwierigkeiten mit den Sponsoren, eventueller Verlust von Ranglistenpunkten und daraus resultierenden Problemen bei der Qualifikation zu internationalen Meisterschaften.
Dabei ist die Diagnostik der spezifischen Beschwerden und deren Ursache vor Ort in der Regel auf den Einsatz der Anamnese, der genauen körperlichen Untersuchung sowie der Sonographie des Bewegungsapparates begrenzt. Hier ist die Kenntnis der anatomischen Strukturen sowie der spezifischen Verletzungsmuster des muskuloskelettalen und ligamentären Systems für den Turnierarzt von entscheidender Bedeutung. Hierbei kommen der medikamentösen und manuellen Therapie, wie auch der Infiltrationstherapie, eine besondere Bedeutung in der Behandlung der Sportler zu. Die Therapie muss hierbei unter den Gesichtspunkten der aktuellen Dopingregularien durchgeführt werden. Dabei erfordern manuelle Behandlungen die Leistung und Fähigkeit der Hände in besonderem Maße. Die Kombination klassischer Behandlungsinhalte der Orthopädie mit manuellen und osteopathischen Behandlungstechniken verspricht dabei den größten therapeutischen Erfolg. Dementsprechend sind ein fundiertes Wissen über diese Therapiemöglichkeiten von großer Wichtigkeit für den betreuenden Turnierarzt. Ein großer Stellenwert liegt ebenfalls in der Therapieabsprache und Kommunikation zwischen Turnierarzt und Physiotherapeuten, welche in einer gesonderten Physio-Einheit bei jedem Turnier vor Ort sind. Sie steht den Spielern jederzeit während der Turniertage zur Verfügung und wird sowohl für spezifische Aufwärm- und Kräftigungsübungen sowie Anlage von Tapeverbänden vor dem Turnier, als auch zur Regeneration (Massage, Stretching etc..) nach dem Turnier genutzt. Das Team der betreuenden Physiotherapeuten besteht aus erfahrenen und langjährigen Physiotherapeuten, teilweise mit osteopathischer Zusatzausbildung. Sie nehmen in der Unterstützung der Ärzte bei der Behandlung und Weiterbetreuung der Sportler bei nachfolgenden Turnieren einen großen Stellenwert ein.
Die turnierärztliche Betreuung einer solchen Sportveranstaltung bedarf einer zeitaufwendigen organisatorischen Vorarbeit. Während der eigentlichen Turniertage erstrecken sich die Arbeitszeiten selten auf weniger als 10 Stunden pro Tag, wobei nachfolgende „Visiten“ bei Spielern zur weiteren Therapie und Versorgung nicht berücksichtigt sind. Insgesamt betrachtet, stellen die Turniertage mental wie physisch eine Herausforderung für das medizinische Personal dar.
Die Begeisterung und Leidenschaft für den Sport und nicht zuletzt die Möglichkeit aktiv einem Event dieser Klasse beizuwohnen und die Professionals hautnah (manchmal im wahrsten Sinne des Wortes) erleben zu können, entschädigt in großem Maße für die geleistete Arbeit.